Immobilien jetzt einsteigen? Chance oder Risiko?
Ende Dezember 2023 war in fast allen einschlägigen Zeitungen und Medien zu lesen, dass sich die Immobilienpreise im freien Fall befinden. Die "Immobilienblase sei geplatzt". Als Ursache werden steigende Finanzierungs- und Baukosten genannt. Wie lässt sich dieser Preisverfall genau erklären? Welche Chancen, aber auch Risiken ergeben sich daraus?
Preisbildung allgemein betrachtet
Zuerst sollte man verstehen, das sich die Preise für Immobilien, genau wie in jedem organisierten Markt, durch Angebot und Nachfrage bilden. Allerdings gibt es gerade bei Immobilien eine Reihe weiterer Einflussfaktoren.
Allgemeine bekannte Faktoren
Lage, Lage, Lage
Der wichtigste Faktor ist die Lage der Immobilie. Einfach gesagt: gute Lage, gutes Vermietungspotential, gutes Wertsteigerungspotential. Einflussfaktoren können z.B. Wirtschaftsleistung der Region, Infrastruktur, Anbindung, oder auch eine schöne Berg- und Seesicht sein.
Zustand einer Immobilie
Schaut man sich eine Immobilie dann genauer an, prüft der geneigte Käufer genau, ob das Objekt einen Investitionsstau hat. Entspricht diese auch noch in den kommenden Jahren einem guten Standard, oder sind erhebliche Nachinvestitionen notwendig. Letzteres würde Einfluss auf die Preisverhandlung mit dem Verkäufer nehmen.
Vermietungssituation
Welche Mieterstruktur hat das Objekt (im Falle eines Mehrparteienhauses). Welche Bonität hat der aktuelle Mieter. Wie hoch ist der mögliche Stresspegel durch Rückfragen? Kommt der Mieter seinen Pflichten nach oder eher nur seinen Rechten. Wie rentabel ist das Mietpreisniveau, oder lässt sich dieses noch weiter optimieren?
Marktfaktoren - Häufig außer Acht gelassen
Nun wenden wir unseren Blick auf die Faktoren, die sich jüngst so stark auf die Immobilienpreise ausgewirkt haben. Sie waren in den vergangenen Jahren schon fast vergessen worden und die Hauptursache für den Immobilienboom der vergangenen 15 Jahre.
Auslöser damals war die weltweite Finanzkrise in deren Zuge die Zentralbanken das Geld massiv verbilligten, um die Wirtschaft vor einem Kollaps zu bewahren. Was den Sparer verärgerte, freute den Immobilieninvestor. Billiges Geld erzeugte eine massive Nachfrage nach Immobilien, welches im Laufe der Zeit auf immer geringeres Angebot traf und somit eine Preis Rally auslöste.
Die Abbildung 1 zeigt, wie sich die Zinspolitik des billigen Geldes auf die Immobilienpreisentwicklung ausgewirkt hat.
Ying & Yang
Auch wenn es für viele in den letzten Jahren nicht vorstellbar war, Immobilienpreise können auch sinken. Es benötigt dazu lediglich das entsprechende Marktumfeld.
Faktor Zinspolitik und seine Auswirkungen
Man stellt sich eine Sektflasche (günstiges Geld durch fallende Zinsen) vor, die man solange schüttelt, bis der Korken (Inflation) kein Halten mehr kennt. Wenn diese enorme Nachfrage (Geld) dann auf ein begrenztes Angebot (Immobilien) trifft, steigen die Preise.
Ein Nebeneffekt: es setzte eine Maschinerie der Immobiliennachfrage in Gang. Selbst Familien mit niedrigen Einkommen waren dadurch in der Lage versetzt worden, eine Immobilie zu kaufen, weil die Banken eine reale Sicherheit in Form der Immobilie haben. Ohne diese Absicherungs- und Hebelmöglichkeit (Darlehen), wäre der Immobilienboom nicht entstanden.
Steigende Inflation, Zinsen u. Erwerbskosten - Notbremse
Aufgrund der starken Inflation ab 2022, waren die Zentralbanken gezwungen, den Markt die Nachfrage (billiges Geld) zu entziehen. Das bedeutete eine kurzfristig starke Anhebung der Zinsen, wie wir historisch schon lange nicht mehr gesehen haben.
Diese Korrektur der Zinsen, gepaart mit den überproportional ansteigenden Baukosten der letzten Jahre, ist für den Immobilienmarkt wie eine Notbremse. Für viele Investoren ist es unter diesen Rahmenbedingungen unrentabel zu investieren. Für viele Häuslebauer schlicht unerschwinglich.
Eine sinkende Nachfrage bedeutet für den Immobilienmarkt eine erhebliche Korrektur der Preise. Und wer es fast schon vergessen hat - Immobilienpreise schwanken über die Zeit, wenngleich nicht so stark und häufig, wie Aktien es tun. Diese Korrektur wird solange anhalten, bis sich Angebot und Nachfrage auf einem gesunden Niveau eingependelt haben.
Chancen und Risiken
Die Investition in Immobilien, ob eigengenutzt oder vermietet, bietet sowohl Chancen, als auch Risiken. Aktuell befindet sich der Markt in einer Korrekturphase, welche für künftige Investoren neue Chancen bietet. Das aktuelle Zinsniveau, sowie die noch immer hohen Baukosten, werden vermutlich noch länger nachwirken. Das Risiko liegt zu früh zu investieren, als auch Immobilien mit Investitionsstau zu erwerben. Denn genau diese Immobilien dürften am meisten dem Preisverfall ausgesetzt sein.
Fazit
Für Investoren gilt: eine Immobilie ist dann rentabel, wenn eine Bruttorendite >6% p.a. nachhaltig erzielbar ist. Andernfalls lohnt sich das eingegangene Risiko nicht.
Für Häuslebauer ist und bleibt es eine "Lifestyle" Entscheidung, ob man sich eine solche Investition leisten möchte.